Urlaub? Keine Ahnung, wie man das schreibt, dachte ich und kraulte Strega geistesabwesend hinter den schwarzroten Katzenohren. Eigentlich hatte ich immer gut zu tun. Dieser Ausflug war Falks Idee gewesen – „Meine Schwester hat diese Waldhütte, und wir könnten nach dem Stress der letzten Wochen einen kurzen Tapetenwechsel gebrauchen.“
Pah, als ob so eine polizeiliche Ermittlung, ein Rudel beinahe getöteter Jugendlicher und eine psychotische Hexe mich so leicht aus der Fassung bringen könnten! Aber ein Wochenende in der Eifel klang wirklich verlockend, ich war schon lange nicht mehr wandern gewesen. Und da Falk versprochen hatte, sich um die Verpflegung zu kümmern …
Gerade war er damit beschäftigt, die Taschen in den Kofferraum meines kleinen grünen Wägelchens zu verfrachten. Er ächzte theatralisch unter der Last. „Was hast du da drin, Backsteine?“
„Bücher“, antwortete ich fröhlich, „vielleicht komme ich endlich mal wieder zum Lesen.“
„Dir ist schon klar, dass wir Sonntag Abend wieder zurück sind.“
Dieser Mann hatte keine Ahnung von Büchern. Woher sollte ich wissen, was ich lesen wollte? „Ach ja, und mein Reisealtar ist da auch irgendwo, also sei vorsichtig!“
„Wir haben meiner Schwester versprochen, nicht die Bude abzufackeln.“
„Keine Sorge – alles, was gefährlich wird, mache ich draußen im Garten.“
Diese Ansage schien ihn nicht zu beruhigen, aber er diskutierte nicht weiter. Stattdessen kam er noch einmal zum Haus zurück, drückte mir im Vorbeigehen einen Kuss auf die Stirn und schnappte sich die Kühlbox aus der Küche. „Bist du soweit?“
„Sicher.“ Mit einem liebevollen Zwei-Finger-Klapps verabschiedete ich mich von Strega und zog die Tür von außen ins Schloss.
Die Zwerge auf dem Rasen vor dem Haus sahen aus, als könnten sie auch einen Urlaub gebrauchen. Ungewöhnlich starker Sommerregen hatte in den letzten Wochen die Farben ausbleichen lassen. Vielleicht sollte ich mir die Zeit nehmen und sie neu anmalen. Das Schild hingegen – „MAGIE HINTER DEN SIEBEN BERGEN“, ein Geschenk meiner Sekretärin – war noch strahlend weiß, wie am ersten Tag.
Ehe wir ins Auto stiegen, drehte Falk sich noch einmal zu mir um und streckte die Hand aus. „Gib schon her.“
„Was?“ Ich tat unschuldig. Verflixt, diesen Teil unserer Vereinbarung hatte er nicht vergessen.
„Dein Telefon. Ein Wochenende ohne Arbeit und ohne lästige Klienten.“
„Diese lästigen Klienten bezahlen deinen Gemüseluxus.“
„Und den Käse. Gib mir dein Telefon.“
Wenn er nicht mit sich verhandeln ließ … widerwillig zog ich das Gerät aus der Tasche. Seit ich ein Smartphone gefunden hatte, das unter dem Ansturm von Magie nicht direkt in die Knie ging, war ich in die moderne Technick fast ein wenig verliebt. „Und was, wenn uns unterwegs etwas passiert?“
„Dann werden wir verhungern und sterben“, bestimmte er entspannt und brachte das Gerät ins Haus zurück.
Das waren ja herrliche Aussichten.
Während wir den Berg hinunter fuhren, merkte ich, wie mit jedem Atemzug die Anspannung ein wenig schrumpfte. „Wie lange fahren wir?“
„Bis zum Laacher See ist es vielleicht eine Stunde, und danach ist es nicht mehr weit“, erklärte Falk und lenkte den Corsa schwungvoll um die Kurve. „Ich war auch noch nicht da, aber die Gegend soll sagenhaft schön sein.“
Das hoffte ich. Ein Wochenende ganz allein als verliebtes Pärchen in einer einsamen Waldhütte, fernab von allem Trubel … da konnte doch eigentlich nichts schiefgehen, oder?
Eine leise Stimme kicherte in meinem Hinterkopf. Liebe Helena, du hast keine Ahnung, wie so ein Urlaub zu zweit funktioniert …
Im Nachhinein würde sich allerdings herausstellen, dass Kabbeleien unter Liebenden unsere geringste Sorge sein sollten.