Bestimmt wisst ihr es schon – für unterschiedliche Genres gibt es unterschiedliche Regeln. Im Liebesroman wird ein Happy End erwartet hart empfohlen, Fantasygeschichten kommen üblicherweise ohne moderne Technik aus (nicht einmal Smartphones???) und Horrorgestalten kommen irgendwie immer aus der Unterwelt – dem Keller, einer Höhle, dem finsteren Abgrund. Der geschiedene, trinkende Komissar und der Bösewicht mit einer göttlichen Mission sind schon fast Klischees geworden, genau wie die junge Hohepriesterin mit Startnachteil oder der Kämpfer, der sich seinem Schicksal nur zaudernd stellt.
Warum ist das eigentlich so?
In erster Linie geht es darum, die Erwartungen der Leser zu erfüllen. Wer zu einem Buch greift, möchte unterhalten werden und sich dabei wohlfühlen. Wohl fühlt man sich am ehesten in vertrauter Umgebung. Deswegen sind Bücher des gleichen Genres üblicherweise Variationen weniger, vertrauter Themen.
Wie hebt sich eine Geschichte trotzdem von allen anderen ab? Und was macht man, wenn man einen Genrespagat probiert? Schließlich möchte man seine Leser nicht unzufrieden zurücklassen, aber auch nicht langweilen. Als ich „Andrea die Lüsterne und die lustigen Tentakel des Todes“ halbwegs fertig hatte und meinen Testlesern vorsetzte, fragte eine ganze Reihe von ihnen nach einer Romanze zwischen Andrea und Sven. Offenbar war durch die grobe Vorgabe „Chiclit“ (Geschichten für jünge Frauen) die Erwartung geweckt worden, es müsse auch ein romantisches Happy End geben. (Disclaimer: Im ersten Entwurf war Sven nicht schwul.) Jetzt finde ich persönlich natürlich, dass Liebe zwar schön ist, aber nicht das Wichtigste auf der Welt. Andrea und Sven haben beide so viele Aufgaben zu erledigen, so viele Dinge, die sie tun können oder müssen, dass sie sich auch ohne Romantik auf ihrer Seite garantiert nicht langweilen. Immerhin gibt es für Andrea am Ende auch einen romantischen Silberstreif am Horizont – aber sind meine Leserinnen jetzt enttäuscht? Ich hoffe nicht.
Unterdessen plane ich insgeheim schon mein nächstes GAP („grandioses, aufregendes Projekt“) – und wieder möchte ich einen Genrespagat hinlegen. Zum einen kommen Fabelwesen und Magie vor, also ist es eine Fantasygeschichte. Zum anderen spielt sie in der Zukunft, und es gibt einige gesellschaftliche und technische Entwicklungen – damit bewege ich mich im Bereich der dystopischen Science-Fiction (wovon ich gar keine Ahnung habe, hurra!). Es wird eine lange Verfolgungsjagd und mehrere Twists geben, außerdem einen Bösewicht mit einer heiligen Mission, wie im Thriller. Und gaaaaaanz vielleicht kommt die Romantik auch nicht zu kurz. Zum Glück habe ich ein ganzes Jahr für die Planung, ehe ich mit dem eigentlichen Schreiben anfangen kann, denn bis dahin muss ich herausfinden, wer so eine Geschichte wohl lesen würde und wie ich diesen Leser gut unterhalte, ohne ihn zu enttäuschen.
Ein Kinderspiel, nicht wahr?