Ja, Worldbuilding ist schwierig. Man muss sich alles ausdenken, und alles muss zueinander passen. Wie funktioniert öffentlicher Nahverkehr in einer Welt, in der Menschen auf Bäumen leben, weil der Boden mit säureproduzierenden Schlingpflanzen bedeckt ist und Riesenvögel jeden fressen, der den Kopf aus dem Blätterdach streckt? Was für Toiletten benutzen Meerleute? Passen meine Schimpfwörter zum Erleben meiner Charaktere?
Und es ist damit noch nicht getan. Denn auch imaginäre Welten sind nicht homogen. Es sei denn, natürlich, jeder Charakter lebt auf seinem eigenen kleinen Planeten wie in „Der kleine Prinz“. Wahrscheinlich gibt es unterschiedliche Charaktere mit unterschiedlichem Wissen, unterschiedlichen politischen Ansichten und sogar unterschiedlichen Religionen.
Gut, man muss nicht alles bis ins kleinste Detail ausarbeiten. Aber Konflikt ist der Treibstoff für die meisten guten Geschichten. Und wenn wir uns nicht einmal in der eigenen Familie auf das Salatdressing oder die Feierabendserie einigen können, wie kann es dann sein, dass in einer fantastischen Welt alle einer einzigen Religion anhängen oder alle den Herrscher gleichermaßen gut (oder böse) finden? Wäre es nicht viel realistischer – ja, der Begriff eignet sich auch für Fantasy – wenn beim Abendessen darüber diskutiert wird, dass der dreiköpfige Großfußkaiser nicht nur schlecht ist? Ich meine, er frisst zwar jede Woche drei weißhaarige Jungfrauen, aber immerhin hat er für kostenlosen Hyperloop-Transport gesorgt und das Schulwesen revolutioniert! Und einen schönen Bonus gibt es auch: Gewissenskonflikte.
Die Protagonistin KÖNNTE den korrupten Politiker bloßstellen, der sein Gehalt durch Sklavenhandel mit Praktikanten aufbessert, die dann in den Glühwurmmienen schuften müssen – aber ihr Bruder, dessen rechte Hand, wäre dann arbeitslos und könnte ebenfalls in Schwierigkeiten geraten.
Die beiden Geschwister KÖNNTEN verraten, dass ihre Stiefmutter Schuhe aus Menschenhaut trägt, aber dann würe ihr Vater wieder Single und sehr traurig.
Diese beiden Priester hier haben sich zusammengetan, um die Welt vor dem Untergang zu retten, können sich aber nicht einigen, ob der heilige Kristall tatsächlich göttlich oder nur ein göttliches Symbol ist. Ein falsches Wort, schon reden sie nicht mehr miteinander und der eine reitet in die Nacht hinaus, um sich zu betrinken. Soll doch der Symbolkasper die Welt alleine retten!
Machen wir es also ruhig etwas komplizierter.

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