
Habt ihrs inzwischen auch so leid?
Nicht die Pandemie. Die ist zwar lästig, aber sie ist nun einmal da. Wie das Wetter, dagegen motzt man ja auch nicht ernsthaft an.
Aber dieses Rumgeeiere der Entscheidungsträger*innen geht mir schon auf den Schleimbeutel. Schulen auf? Kitas zu? Home Office? Masken? Wie viele Tote verkraftet die Wirtschaft?
Jetzt sollen wir uns also privat mit noch weniger Menschen treffen. Und am besten nur tagsüber.
Ich kann die Zahl der Leute, mit denen ich mich seit März 2020 privat verabredet habe, an einer Hand abzählen – und hab noch einen Finger übrig. (Falls ihr euch das fragt: Nein, ich bin kein exotischer vielfingriger Mutant.) Normalerweise gehen wir dann spazieren. Wenn ich nicht gerade ins Büro gehe, weil unser Chef das so sinnvoll findet, bin ich also entweder zuhause, im Supermarkt oder im Wald. Und eigentlich finde ich diesen Bewegungsradius auch ganz gut, denn ich bin in einer vergleichsweise privilegierten Situation: Gutverdienend, introvertiert, keine Kinder, keine zu pflegenden Angehörigen. Ich kann mir den Tag mit all den Dingen vollpacken, die ich gerne allein machen möchte, und vielleicht noch ein wenig putzen.
Natürlich sorge ich mich um Freunde und Familie und vermisse so Luxusgüter wie meine Pediküre oder das ausgiebige Buchladenbestöbern (und möglicherweise auch die Fitnessstudio-Verabredungen mit der Kollegin, aber das werde ich natürlich leugnen!), aber im Großen und Ganzen bin ich immer noch gut versorgt. Nur die ganzen Katzenhaare in jeder einzelnen verflixten Gesichtsmaske gehen mir doch hart auf den Senkel.
Die Eltern, die ich kenne, hingegen sind am Rand der Belastbarkeit. Sogar die „Zwei Leute im Home Office, ein Kleinkind“-Konstellationen. Und von außen betrachtend muss ich sagen: Das sieht wirklich hart aus. Hut ab! Die mit mehreren Kindern und „eLearning“ (was für ein famoser Witz!) sind noch einmal ganz anders gearscht, wenn ich das richtig beurteile.
Und es soll ja sogar Leute geben, die sich gerne mit anderen treffen, die das für ihr seelisches Wohlbefinden vielleicht sogar brauchen. Was machen wir mit denen? Nicht viel, wenn ich das richtig sehe. Zoom und Skype sind kein ordentlicher Ersatz für ein gepflegtes Sozialleben. Wer vorher sechs bis acht Freizeittermine pro Woche hatte, fühlt sich jetzt so allein in seiner Wohnung möglicherweise ein wenig hart isoliert.
Dann wären da die ganzen Winz-, Klein- und mittelständigen Betriebe, die seit Monaten geschlossen bleiben müssen, und die Freiberufler, deren Einkommen davon abhängt, dass andere Läden offen und/oder ihre Kunden Geld übrig haben.
Nicht, dass ich gegen diese Maßnahmen wäre – wir müssen dringend etwas tun, um die Infektionsrate zu senken, ehe wir von den aufregenden neuen Mutationen überrannt werden. Aber dieses Rumgeeiere, wie wichtig es doch sei, die Wirtschaft mit moderat riskantem Verhalten am Laufen zu halten, während es im Privaten Einschränkungen auf Einschränkungen gibt, ist … tja, kurz gedacht. Wer soll denn die ganzen aufregenden Wirtschaftsgüter kaufen, wenn das Privatleben erst einmal so richtig abgewürgt ist und alle mit ihren eigenen Problemen alleingelassen sind? Und mal im Ernst, was ich beispielsweise über die Wunder der Kurzarbeit im letzten Frühjahr gehört habe … tja, wer hat, der windet sich aus den gutgemeinten Regelungen wohl irgendwie wieder raus.
Oy, ich rante schon wieder. Sorry. Demnächst gibt es wieder sinnstiftenden Mehrwert. Aber das musste jetzt mal eben raus. Bleibt gesund, passt auf euch und eure Mitmenschen auf und denkt daran: Auch das geht vorbei.