Nachwirkungen

Halb im Bild ist eine junge Frau mit Brille und blonden langen Haaren, lachend. Sie trägt einen magentafarbenen Sweater. Auf ihrer Schulter sitzt ein winziger, beinahe komplett weißer Kater mit ein paar roten Zeichnungen an Kopf und Ohren. Das Bild ist grobkörnig und unscharf.
Das erste Bild, das ich von Greebo habe

Damals war Greebo noch der Kater meiner älteren Schwester. Erst einige Monate später würde er mit seiner Schwester zu uns ziehen, kurz nachdem der Mann und ich unsere erste gemeinsame Wohnung eingerichtet hatten. Der Mann war sich nicht sicher, ob Haustiere das Richtige für ihn seien. Aber Katzen, das sei keine große Herausforderung, nicht wahr?

Am Montag mussten wir Greebo einschläfern lassen. Das Lymphom hatte sich ausgebreitet, und durch die Metastasen im Bauchraum hatte sich soviel Wasser um Herz und Lungen gesammelt, dass er kaum noch atmen konnte. Ein letzter Versuch, ihn medikamentös zu stabilisieren, war nur kurzfristig erfolgreich gewesen.

In kleinen Schritten räume ich all die Besonderheiten weg, die wir für ihn eingerichtet hatten.

Meine Bürotür ist jetzt wieder ständig offen.

Der Pürierstab liegt nicht mehr konstant griffbereit, Katzenfutter in leicht zu schleckenden Brei zu verwandeln.

Ich habe die Decken gewaschen, mit denen wir ihm Nester gebaut haben.

Die Futternäpfe sind weggeräumt, genau wie die Spielzeuge, mit denen Kurt nichts anfangen kann.

Und wenn ich in den Drogeriemarkt gehe, schaue ich nicht als erstes, wie viele Packungen von den weichen Leckerlis und dem Rindfleischfutter, das er so mochte, sie haben.

Es fühlt sich seltsam an.

Manchmal erwarte ich, dass er mich anmaunzt, wenn ich in mein Büro gehe.

Er ist uns gerne auf den Rücken geklettert und hat dem Mann immer geholfen, die passende Krawatte auszusuchen. Sonst war er nicht sehr verschmust, aber immer gern dabei.

Seifenblasen waren ihm der größte Spaß. Irgendwo habe ich davon noch Fotos. Ich sortiere sie jahrgangsweise. Dreizehn Jahre mit Kater.

Ein zerzauster, beinahe weißer Kater mit wenigen roten Zeichnungen liegt zusammengerollt auf einer schwarzen Unterlage.
Eines der letzten Bilder.

Ich weiß, dass diese Situation dazugehört, wenn man sich für ein Haustier entscheidet. Nur wenige Tiere haben das Potenzial, ihre Familie zu überleben – zum Glück, möchte ich sagen, denn ich hätte ein schlechtes Gewissen, sie zurückzulassen. Und ich weiß auch, dass es einfacher wird, bis irgendwann nur die guten Erinnerungen übrig sind.

Bis dahin tröste ich mich mit dem Gedanken, dass Ronja bestimmt schon auf ihren Bruder gewartet hat. Jetzt können sie endlich gemeinsam das Jenseits unsicher machen.

Ein beinahe weißer Kater mit wenigen roten Abzeichen und eine beinahe weiße Katze mit wenigen schwarzen und weißen Abzeichen schmiegen sich, liegend, aneinander und sehen sehr zufrieden aus.
Geschwister.

Los, gebt es mir!

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