Vor ein paar Tagen war ich auf dem Sprung, Freunde und Familie besuchen. Richard war außergewöhnlich früh aufgestanden, um sich die PHOTOKINA anzuschauen, und ich wollte noch schnell seine Beraterwäsche aus dem Beraterkoffer in die neue Waschmaschine stopfen.
Beim Sortieren fand ich das da:
Ich kenn mich da ja nicht so gut aus, aber das sah nicht aus wie ein Produkt für Männer. Und meine war das auch nicht. Also fotografierte ich den Stein des Anstoßes und schickte Richard eine Nachricht: „Guck mal, was in deinem Koffer war. Bist du etwa heimlich ein Cross-Dresser“
Seine Antwort: „WTF?“
Ich wieder: „Ich weiß grad nicht, was ich denken soll. Wie fändest du das, wenn bei deiner Rückkehr fremder Leute Boxershorts in der Wohnung lägen?“
Er: „Keine Ahnung, glaub ich.“
Ja, wir sind sehr eloquent. Auf jeden Fall musste ich los, und die Unterhaltung wurde erst einmal auf Eis gelegt. Was natürlich nicht ganz einfach war. Zwar bin ich 99,99785% sicher, dass Richard mir auf ewig treu ergeben ist. Zumal, als wir damals zusammenzogen, ich mit Katzen- und X-Box-Entzug gedroht habe, sollte er mich jemals hintergehen.
(Ich weiß, wo es richtig wehtut.)
Egal. Sonntag Abend hab ich ihm dann als erstes den Stein des Anstoßes vorgelegt. Richard hatte die Sache natürlich direkt vergessen. Wir haben dann zusammen überlegt, woher das Ding kommen könnte: Meine? Keinesfalls. Von einer der gelegentlich übernachtenden Freundinnen? Zu klein. Multiple Persönlichkeiten? Unwahrscheinlich. (Richard: „Ich hoffe nicht, das Ding sieht ziemlich unbequem aus!“)
Die Lösung war dann so simpel wie blöde: Der Schlüpper lag in Richards Hotelzimmer, in dem Fach, in dem er seine (überwiegend schwarze) getragene Wäsche sammelt. Und Donnerstag Morgen beim Packen hat er das Ding dann wohl unbewusst mitgeschleppt, auf dass es zuhause bei uns ein wenig für Abwechslung sorge.
„Das soll ich dir also glauben?“
– „Überleg doch mal, Schatz: Wenn ich dich betrügen würde, dann doch nicht mit jemandem, der so langweilige Unterwäsche trägt!“
Zugegeben, das klang logisch. Außerdem war er in der ganzen Angelegenheit so entspannt und offen überrascht, dass ich ihm die blöde Geschichte abkaufe – er ist ein ziemlich mieser Lügner. Vertrauensselig, wie ich bin, naiv und voll Glauben an das Gute in der Menschheit, glaube ich ihm also. Richard ist einer von den Guten, wirklich. Letztendlich lachten wir also über den Schrecken. Ich schlug vor, er solle sich beim Hotel beschweren und eine Wiedergutmachung verlangen, schließlich habe dieser Schlüpper fast seine Beziehung ruiniert. Das wollte er aber auch nicht: „Und was, wenn das Zimmermädchen dann meinetwegen Ärger kriegt?“
(Laaaaangweilig!)
Und die Moral von der Geschicht: Es ist nicht immer, wie es scheint. Manchmal muss man sich entscheiden, anderen zu vertrauen. Und: Es ist gut, von Zeit zu Zeit seine Drohungen zu erneuern. (Oder: Mach das Licht an, wenn du deinen Koffer packst.)