Über Montage und das harte Leben von Büchern

Ansicht der geschlossenen Seiten eines Buchs mit bräunlichen und orangefarbenen Flecken. Im Hintergrund unscharf gepunktete Beine und eine Tastatur.
Fachbuch mit einer leichten Linsenssuppennote.

Ich würde zu gern behaupten, dass das das erste meiner Bücher ist, das so aussieht. Es war in meiner Bürotasche, ich fuhr ein wenig schwungvoll um eine Kurve, die Tasche fiel, die Suppe suppte, und das ist das traurige Ergebnis.

Leider passiert mir das öfter. Nicht notwendigerweise mit Linsensuppe – ich bin frei in der Wahl meiner Mittel – aber die meisten Bücher, die ich regelmäßig mit mir schleppe, sehen schon entsprechend mitgenommen aus. Kaffeeflecken, Rillen im Rücken, umgeknickte Ecken, sogar … GASP … Eselsohren.

Natürlich nur meine eigenen Bücher. Bei geliehenen bin ich vorsichtiger.

Trotzdem ist das ein umstrittenes Thema, ich weiß. Aber für mich sind an Büchern nicht die Papierseiten oder der Umschlag das Wichtige, sondern die Geschichten.

(Nach der Apokalypse, wenn man Bücher nicht mehr so einfach bekommt, werde ich meine Ansicht natürlich sofort ändern und die Unversehrtheit jedes einzelnen Buches mit meinem Leben verteidigen.)

Jetzt also: Buch mit Linsensuppe.

Eigentlich sollte ich dich mögen. WARUM MAG ICH DICH NICHT???

Das frage ich mich oft bei Büchern, von denen ich erwartet hatte, sie zu mögen – vielleicht sogar zu lieben. Sie erfüllen auf den ersten Blick sämtliche Kriterien, die ein gutes Buch für mich ausmachen.

Der Klappentext klingt interessant.

Die erste Leseprobe ist spannend.

Es gibt keine sprachlichen Stolpersteine.

Thema und Setting interessieren mich.

Und trotzdem … springt der Funke einfach nicht über. 

Vielleicht ist es dann nur das falsche Buch zur falschen Zeit. Vielleicht habe ich zufällig erst vor kurzem ein Buch gelesen, das diesem zu ähnlich ist. Vielleicht kenne ich meine aktuellen Buchbedürfnisse nicht so gut, wie ich dachte. Vielleicht hat das Äußere des Buches falsche Erwartungen an das geweckt, was drinnen auf mich warten würde. Vielleicht bin ich wegen der Lobeshymnen aus dem Freundeskreis so gehyped, dass das Buch mich nur noch enttäuschen kann.

Einen exakten Titel nenne ich an dieser Stelle natürlich nicht. Dass ich ein Buch aktuell nicht mag, bedeutet ja nicht, dass es schlecht ist – oder dass ich es nicht doch noch in einem halben Jahr voller Begeisterung verschlinge. Zurück bleibt für den Moment immer nur ein Gefühl der Verwirrung. Was stimmt mit dir nicht, Buch? Und was stimmt mit mir nicht? 

Reisen durch Geschichten, Reisen mit Geschichten

pexels-photo-4996861

Bestimmt hatte ich euch schon von meinem Reise-Bücher-Trick erzählt: Wenn ich weiß, dass ich an einen bestimmten Ort reise, versuche ich, ein Buch zu finden, das an diesem Ort spielt. Das lese ich dann entweder kurz vor der Reise oder währenddessen.

Für Den Haag war das übrigens überraschend schwierig – ich habe kein einziges Buch gefunden, das vor Ort spielt. Dabei war ich nicht einmal genre-kritisch. Habe ich falsch gesucht? Oder ist diese wunderschöne, historisch interessante und politisch relevante Stadt in der Literatur einfach extrem unterrepräsentiert? Wir werden es vielleicht nie erfahren.

Aber für Island, Sizilien, Dublin, … hatte ich vorab immer schon das richtige Buch am Start.

Einige Freundinnen haben diesen Trick übrigens von mir übernommen und suchen sich vor dem Urlaub immer die lokal passende Lektüre aus. Das führt zum einen dazu, dass man ganz neue Autor*innen und Geschichten entdeckt – und zum anderen kann man vor Ort ganz anders in die Geschichte und in den Urlaub eintauchen.

In der aktuellen Situation hat sich noch ein anderer Vorteil ergeben: Wenn wir schon nicht reisen können, können wir mit Hilfe dieser Bücher beim Wieder-Lesen wenigstens auch die entsprechenden Urlaube noch einmal erleben. Und das ist doch auch etwas wert, findet ihr nicht?

Isch ‚ABE gar kein Herz!

(Wer sich an diese Werbung erinnert, ist mindestens ungefähr so alt wie ich.)

close up of tree against sky
Photo by Pixabay on Pexels.com

Andererseits, wenn ich ein Herz hätte, blieben die Plätze darin wenigen ausgewählten Buchhelden vorbehalten.

Als erstes fällt mir Henry aus „Die Frau des Zeitreisenden“ von Audrey Niffenegger ein – gerade, weil er nicht perfekt ist. Er stiehlt und betrügt, er trinkt und prügelt sich, ohne einer von diesen verwegenen „Bad Boys“ zu sein, von denen im Moment soviel geschwärmt wird. Henry hat Probleme, und das Zeitreisen ist nur eins davon. (Andere schließen den Tod seiner Mutter und das Wissen um die eigene Zukunft mit ein.) Er hat ein schwieriges Leben und bemüht sich, das Beste draus zu machen, vor allem für seine Frau und seine Tochter. Dass das nicht immer so klappt, wie man sich das wünscht, könnt ihr euch ja vorstellen.

Auch Ryan aus „Verdisgris Deep“ von Frances Hardinge ist ein Held, der einem schnell ans Herz wächst. Seine Familie ist kompliziert, und seine Eltern streiten viel. Und als sei das alles nicht genug, gibt es plötzlich Ärger mit einer Quellhexe. All das und die Komplikationen, die sich daraus ergeben, stellen seine wichtigsten Freundschaften auf die Probe. Ziemlich viel auf einmal für einen Teenager, doch Ryan gibt nicht auf.

Und zu guter Letzt … puh, jetzt wird es schon eng. Womöglich noch Rudolf Gombrowski aus „Unterleuten“ von Juli Zeh. Er bemüht sich sehr, das Dorf und die Dorfgemeinschaft zusammenzuhalten, scheitert dabei jedoch an der Geschichte genau dieses Dorfes mit all ihren Querelen, kombiniert mit den unvorhergesehenen Problemen, die die „Neuen“ im Dorf mit sich bringen. Sein Ende scheint aus seiner Sicht unvermeidlich, ist allerdings eigentlich nicht nötig.

Die Heldinnen meines Herzens präsentiere ich euch dann bei anderer Gelegenheit. Verratet mir erst einmal – welche Buchcharaktere haben euch richtig nachhaltig beeindruckt und berührt?

Bildbände für die Inspiration

Für manche Leser sind Bildbände Platzverschwendung. Kein Wunder, schließlich enthalten sie kaum Wörter. Und sollte man Bilderbüchern nicht allmählich entwachsen, wenn man in die Grundschule kommt?

Vielleicht wisst ihr es schon, ich gucke nicht gern. Oder eher: Ich bin nicht primär visuell orientiert. Deswegen lese ich auch nur selten Comics Graphic Novels – ich muss mich darauf konzentrieren, nicht einfach von einer Sprechblase zur nächsten zu springen, sondern mir auch die Information in den Bildern anzuschauen und sie zu analysieren. Wenn es etwas zu lesen gibt – auch Untertitel im Film – lese ich eher, als das ich zuschaue.

Trotzdem besitze ich den einen oder anderen Bildband. Merkwürdig, oder? Meistens sind es Sammlungen von Landschaftsbildern. Ich mag eben nicht nur Wörter, sondern auch Natur. So kann ich fix mal zwischendurch für eine halbe Stunde verreisen, wenn sonst keine Auszeit drin ist – und ich hole mir Inspiration für Geschichten und Szenen.

Einer meiner liebsten Bildbände ist übrigens dieser hier: Sagenhaftes Deutschland. Eine Reise zu mythischen Orten. (Kilian Schönberger) Da Bildbände naturgemäß etwas teurer sind, bin ich entsprechend mehrere Wochen drum herumgeschlichen, ehe ich es mir gekauft habe. Seitdem blättere ich immer mal wieder darin und stelle mir vor, was sich alles an fantastischen Begebenheiten an diesen Orten zutragen könne.

Wie steht ihr zu Bildbänden? Habt ihr Favoriten? Oder doch eher verantwortungslose Platzverschwendung im heimischen Bücherregal?

Reisen wir halt auf dem Papier

Wir wissen alle, Reisen ist im Moment nicht so empfehlenswert. Vielleicht in ein paar Wochen, oder ein paar Monaten, oder sicher nächstes Jahr? Doch auch wenn die Vernunft mitspielt – das Herz will weg.

Vorhin habe ich Bilder aus den letzten Jahren durchgeblättert. Die hat man heute ja immer in der Hosentasche. Prag, Brugge, Dublin, Catania, Den Haag – tja, und jetzt? Wir bleiben zuhause. Ganz kurz haben wir noch überlegt, ob wir den Freundinnenurlaub nicht in eine grüne Einöde verlegen und dem Gesang der Schafe lauschen wollen, aber auch das war uns letzten Endes zu riskant – wir haben schließlich Risikopatienten in der Familie, und aktuell weiß man nie, wie die Situation sich in den nächsten zwei Wochen verändert. Also machen wir auch aus dem Freundinnenurlaub eine Staycation und schauen uns stattdessen ein wenig Natur in der näheren Umgebung an. (Auch daran werde ich euch mit Fotos teilhaben lassen, keine Bange!)

Wenigstens habe ich einen Eimer Reiseführer, die mich daran erinnern, was noch alles auf dem Plan steht. Oder was man gerne noch einmal machen könnte. Wir wollten mal nach Skandinavien, und London war fest geplant. Prag wäre schon fast für einen Revival-Besuch dran (dahingehend bearbeite ich den Mann ja schon seit längerem) und auch einen zweiten Trip nach Island würde ich durchaus unternehmen. Hach, all diese Möglichkeiten … nächstes Jahr dann, gell?

Hand aufs Herz – wieviel Zeit verbringt ihr in der Buchhandlung damit, in Reiseführern zu schmökern?

Früher war alles besser – Klassiker lesen

Wie ich ja schon das eine oder andere Mal erwähnt habe, lesen wir mit dem Nornennetz im Moment in einer Lesechallenge wichtige Bücher berühmter Autorinnen – unseren „Hidden Powers“ Nornenschuber. Im März war „Ronja Räubertochter“ dran, danach „Die Farbe Lila“ und dann „Pride and Prjudice“. Diesen Monat ist es „Orlando“ von Virginia Woolf. (Details findet ihr hier.)

Viele dieser Bücher gelten als Klassiker. Ich habe sie noch nicht alle gelesen – und ich muss sie gar nicht alle gut finden. (P&P gefällt mir auch im dritten Anlauf nicht besonders, aber ich verstehe, warum andere es mögen.) Aber oft gibt es eben einen guten Grund dafür, dass etwas ein Klassiker geworden ist. Deswegen lohnt es sich meiner Meinung nach, gelegentlich über den Tellerrand hinaus auf die Klassiker zu schielen und vielleicht den einen oder anderen zur Hand zu nehmen.

Allerdings macht es einen nicht automatisch zu einem besseren Menschen, wenn man verkündet: „Also, ich lese ja kein Buch, das nach 1920 veröffentlicht wurde.“ Das macht einen nur … ja, zu was? Auf jeden Fall zu einer Person, der viele gute Bücher entgehen.

Guten Freunden gibt man ein Buch – und liest es dann gemeinsam

Habt ihr schon einmal gemeinsam mit jemandem ein Buch gelesen? Ich bin gerade dabei, sozusagen, bei der „Hidden Powers“-Nornenschuber-Challenge im Nornennetz. Falls ihr überlegt, noch einzusteigen, findet ihr die Details (inklusive der noch kommenden Bücher) hier. In der Vergangenheit habe ich Leserunden bei Lovelybooks veranstaltet, aber so richtig warm geworden bin ich mit dem Format nicht. Als Veranstalter*in steckt man da richtig viel Mühe rein, und wenn dann kaum Antworten zurückkommen … für zukünftige Bücher verteile ich lieber so Rezensionsexemplare oder verstecke Rätsel o.ä. zwischen Kapiteln.

Wenn es gerade keine orchestrierten Challenges gibt, tausche ich oft Bücher mit Freund*innen oder empfehle welche und bekomme Empfehlungen – merkwürdigerweise reden wir dann allerdings selten über die Bücher, die wir gelesen haben. Und manchmal, wenn wir doch über die Bücher reden, kommen wir zu sehr unterschiedlichen Urteilen. Aber das ist ja das Schöne an Büchern – sie laden dich ein, auf eine Reise zu gehen, ohne den Weg vorzuschreiben. ^^

 

Das Aussehen ist nicht alles, man muss auch schön sein – oder?

IMG_4682

Die Autorin auf dem Balkon, mit modischer Kürzesthaarfrisur.

Wir haben es ja alles gehört – es dauert noch eine Weile, bis die Friseure wieder öffnen. Den Run auf die ersten Termine mag ich mir gar nicht vorstellen. Ihr vielleicht? Lieber nicht. Also habe ich die Sache selbst in die Hand genommen.

Wahrscheinlich habt ihr auch von den selbstgemachten Buchcovern schon den Eindruck gewonnen, dass mir Äußerlichkeiten nicht besonders wichtig sind. Das liegt vielleicht daran, dass schon früher immer wieder betont wurde, wie schön doch meine beiden älteren Schwestern im Vergleich zu mir waren. Gut, dann war ich eben die Schlaue. Hat mir viel Zeit erspart, die man andernfalls in der Jugend für Makeup und so Kram verschwendet. Ja, ich kann das alles, aber ich muss es nicht.

Deswegen wundert mich auch, wenn Leute mir erzählen, diese Frisur sei „mutig“. Kinners? Es sind nur Haare! Die wachsen nach. Am Kopf darunter ändert sich nicht viel. (Bis auf die Falten im Echtlederbezug.)

Der Mann war nicht besonders angetan von diesem Plan, zugegeben … er hat mich noch als langhaarige Blondine kennengelernt. Aber er liebt mich auch ohne Haare und mit „Schreckschraubenbrille“. Wie sich das gehört. (Seine Haare werden während der Kontaktsperre übrigens immer länger.)

Worauf ich hinauswill? Wenn ich das nur wüsste! Vielleicht könnte ich die Gelegenheit nutzen und darüber spekulieren, wie viele gute Bücher man verpasst, weil einem das Cover nicht zusagt. Oder wie viele Bücher man nur aufgrund des Covers kauft, um sich hinterher zu ärgern, weil die Geschichte nicht das ist, was man erwartet hat. Aber das kennt ihr bestimmt alles selbst schon. Manchmal lassen wir uns eben von Äußerlichkeiten blenden, im Guten wie im Schlechten. Ich weiß inzwischen sicher, dass ich für Design weder Talent noch Geduld habe, und verlasse mich wenigstens bei meinen Büchern auf das Können von echten Profis. Dauert eh noch eine Weile, ehe das nächste veröffentlicht wird (aber ich arbeite dran, versprochen!). Bis dahin … bleibt luftig!

Wenn wir nicht zur Buchmesse können, kommt die Buchmesse eben zu uns

 

(ACHTUNG, die Links im folgenden Text führen teilweise zu Twitter und FB – wenn ihr da nicht hinwollt, nicht klicken. ^^ )

Als ich anfing, diesen Beitrag zu planen, glaubte ich noch, die LBM würde dieses Jahr ganz normal stattfinden. Inzwischen wissen wir ja alle, dem ist nicht so. Aber davon lassen wir Buchleute uns nicht die Petersilie verhageln. Corona? Wir lachen dir ins Gesicht! In den letzten Tagen sind unzählige Aktionen zum Thema „Online-Buchmesse“ gestartet worden. Ich glaube, die Leute haben mehr Stress, als wenn sie nach Leipzig gefahren wären. Einmal mehr bin ich ganz verliebt in all die Verrückten, die für ein bisschen Papier soviel Arbeit auf sich nehmen – gut, nicht für das Papier, sondern für die Geschichten darauf. Aber das Papier riecht so gut, und man kann es sich signieren lassen!

Tja, alles vorstellen kann ich gar nicht, dazu fehlen mir Zeit und Überblick, aber ich weiß zum Beispiel vom Twitter-Hashtag #bücherhamstern, unter dem Leute lesens- und kaufenswerte Bücher vorstellen (oder Verlage, bei denen man solche bestellen kann). Außerdem gibt es #onlinelbm von Skoutz mit Spielen, Lesungen, Interviews und allem Kram, den man so auf der Messe kriegt (außer Pommes, und das prangere ich an!). Und zu guter Letzt fällt mir spontan noch das Leipziger Buchfieber, zu dem sich diverse Verlage, Verlägchen und Autor*innen zusammengetan haben. Und die Nornen haben sich mit #Nornentwittern noch eine zusätzliche Aktion ausgedacht. Auch wenn ich also traurig bin, dass ich euch nicht auf der Messe sehe (und wahrscheinlich nicht erkenne), so gibt es wenigstens genügend buchzentrierte Aktionen, mit denen wir uns die kommenden Tage vertreiben können.

Und was mache ich jetzt mit den Urlaubstagen? Entweder Netflix oder Frühjahrsputz – es bleibt spannend!