Verschärfung? Ich seh hier nirgends eine Verschärfung.

Viele bläuliche Gesichtsmasken auf dunklem Hintergrund.
Foto von Markus Winkler, gefunden auf Unsplash

Habt ihrs inzwischen auch so leid?

Nicht die Pandemie. Die ist zwar lästig, aber sie ist nun einmal da. Wie das Wetter, dagegen motzt man ja auch nicht ernsthaft an.

Aber dieses Rumgeeiere der Entscheidungsträger*innen geht mir schon auf den Schleimbeutel. Schulen auf? Kitas zu? Home Office? Masken? Wie viele Tote verkraftet die Wirtschaft?

Jetzt sollen wir uns also privat mit noch weniger Menschen treffen. Und am besten nur tagsüber.

Ich kann die Zahl der Leute, mit denen ich mich seit März 2020 privat verabredet habe, an einer Hand abzählen – und hab noch einen Finger übrig. (Falls ihr euch das fragt: Nein, ich bin kein exotischer vielfingriger Mutant.) Normalerweise gehen wir dann spazieren. Wenn ich nicht gerade ins Büro gehe, weil unser Chef das so sinnvoll findet, bin ich also entweder zuhause, im Supermarkt oder im Wald. Und eigentlich finde ich diesen Bewegungsradius auch ganz gut, denn ich bin in einer vergleichsweise privilegierten Situation: Gutverdienend, introvertiert, keine Kinder, keine zu pflegenden Angehörigen. Ich kann mir den Tag mit all den Dingen vollpacken, die ich gerne allein machen möchte, und vielleicht noch ein wenig putzen.

Natürlich sorge ich mich um Freunde und Familie und vermisse so Luxusgüter wie meine Pediküre oder das ausgiebige Buchladenbestöbern (und möglicherweise auch die Fitnessstudio-Verabredungen mit der Kollegin, aber das werde ich natürlich leugnen!), aber im Großen und Ganzen bin ich immer noch gut versorgt. Nur die ganzen Katzenhaare in jeder einzelnen verflixten Gesichtsmaske gehen mir doch hart auf den Senkel.

Die Eltern, die ich kenne, hingegen sind am Rand der Belastbarkeit. Sogar die „Zwei Leute im Home Office, ein Kleinkind“-Konstellationen. Und von außen betrachtend muss ich sagen: Das sieht wirklich hart aus. Hut ab! Die mit mehreren Kindern und „eLearning“ (was für ein famoser Witz!) sind noch einmal ganz anders gearscht, wenn ich das richtig beurteile.

Und es soll ja sogar Leute geben, die sich gerne mit anderen treffen, die das für ihr seelisches Wohlbefinden vielleicht sogar brauchen. Was machen wir mit denen? Nicht viel, wenn ich das richtig sehe. Zoom und Skype sind kein ordentlicher Ersatz für ein gepflegtes Sozialleben. Wer vorher sechs bis acht Freizeittermine pro Woche hatte, fühlt sich jetzt so allein in seiner Wohnung möglicherweise ein wenig hart isoliert.

Dann wären da die ganzen Winz-, Klein- und mittelständigen Betriebe, die seit Monaten geschlossen bleiben müssen, und die Freiberufler, deren Einkommen davon abhängt, dass andere Läden offen und/oder ihre Kunden Geld übrig haben.

Nicht, dass ich gegen diese Maßnahmen wäre – wir müssen dringend etwas tun, um die Infektionsrate zu senken, ehe wir von den aufregenden neuen Mutationen überrannt werden. Aber dieses Rumgeeiere, wie wichtig es doch sei, die Wirtschaft mit moderat riskantem Verhalten am Laufen zu halten, während es im Privaten Einschränkungen auf Einschränkungen gibt, ist … tja, kurz gedacht. Wer soll denn die ganzen aufregenden Wirtschaftsgüter kaufen, wenn das Privatleben erst einmal so richtig abgewürgt ist und alle mit ihren eigenen Problemen alleingelassen sind? Und mal im Ernst, was ich beispielsweise über die Wunder der Kurzarbeit im letzten Frühjahr gehört habe … tja, wer hat, der windet sich aus den gutgemeinten Regelungen wohl irgendwie wieder raus.

Oy, ich rante schon wieder. Sorry. Demnächst gibt es wieder sinnstiftenden Mehrwert. Aber das musste jetzt mal eben raus. Bleibt gesund, passt auf euch und eure Mitmenschen auf und denkt daran: Auch das geht vorbei.

Da haben wir den Lockdown-Salat

Schwarz-weiß-Bild: Ein Vorhängeschloss und eine verschlungene Kette aus blankem Metall sichern ein metallenes Tor.
Foto von John Salvino, gefunden auf Unsplash

Es musste ja so kommen. Hätten wir mal auf die Experten gehört.

Bereits im Frühjahr haben die Experten vor der „zweiten Welle“ im Herbst gewarnt. Und spätestens seit September wurden Forderungen nach einem zweiten Lockdown mit Kontaktbeschränkungen laut.

Stattdessen, meinten die Politiker an den relevanten Stellen, könne man doch bitte an die Eigenverantwortung der Leute appellieren.

Das hat ja wunderbar geklappt.

„Eigenverantwortung“ nutzt mal gar nichts, wenn es keine ordentlichen Konzepte für sicheren Schulbetrieb gibt. Oder Anweisungen für die Arbeitgeber, Risikopatienten zu schützen und möglichst viel Home-Office zu ermöglichen. Oder Möglichkeiten für Eltern, Sonderurlaub zu nehmen und ihre Kinder zuhause zu betreuen. Oder Verdienstausfall-Ersatz für Leute, die ihre Geschäfte wohl schließen würden, wenn sie es sich leisten könnten.

(Einmal abgesehen davon, wie verwirrend es ist, wenn jemand sagt: „Natürlich dürft ihr das alles tun, und es ist auch wirtschaftlich wichtig, dass ihr das tut – aber tut es bitte nicht.“)

Und ich muss sagen: Ich bin schon ein wenig angefressen. Nicht weil ich so große epische Feiertagspläne gehabt hätte – nö, aber für viele Leute ist ein Lockdown ausgerechnet jetzt schon eher Kacke. Und wenn man Anfang November einmal alles gründlich für sechs Wochen dicht gemacht hätte, hätte man die Beschränkungen spätestens zum 20.12. kurzzeitig lockern können, ohne hunderte Tote zu riskieren.

(Oh, und wo wir schon einmal dabei sind: Kauft um Himmels Willen nicht wieder das ganze Klopapier und die Nudeln weg!)

Na ja, auch das werden wir überstehen. Es ist nur dieser eine Winter. Der wird hart, und eventuell arg langweilig, aber es ist nur für eine begrenzte Zeit. Passt aufeinander auf, macht es euch so gemütlich wie es irgend geht und guckt ein wenig, wie es den Leuten rund um euch her geht.

Zwei orange und in der Mitte eine grüne Stumpenkerzen auf einem hölzernen Sims, im Hintergrund etwas herbstliche Deko mit kleinen Kürbissen und Pilzen und Pailletten.
Foto von Elena Mozhvilo, gefunden auf Unsplash

Stille Nacht

Winterliches Dorf bei Nacht: Links einige mehrstöckige Gebäude mit Beleuchting, rechts ein bunt blikender Tannenbaum. Der Boden ist schneebedeckt, neuer Schnee fällt von oben, der Himmel ist nachtblau.
Foto von Roberto Nickson, gefunden auf Unsplash

Wahrscheinlich habt ihr euch schon damit auseinandergesetzt – die Chancen, dass wir ein ganz normales stressiges Weihnachtsfest mit allen Verwandten und Freunden feiern, bei dem alle zuviel essen und danach stöhnend auf dem Sofa liegen, sind dieses Jahr eher gering.

Einige Leute sind darüber bestimmt zu Tode betrübt, für andere ist das eine Erleichterung. Familie ist nichts für Feiglinge, da sind wir uns bestimmt einig.

Aber was machen diejenigen, die schon wissen, dass sie ihre Familie vermissen werden? Oder dass die Kinder untröstlich sind, wenn der Besuch bei den Großeltern o.ä. ausfallen muss?

Glücklicherweise gibt es einige moderne Lösungen – Videotelefonie, Gruppenchats, lustige Memes und Videos, die man teilen kann. Für andere Dinge – Weihnachtsmarktbesuche, Knobelmärkte, Lichterfeste – gibt es keinen guten Ersatz. Deswegen, so scheint es mir wenigstens, haben auch die muffeligsten Weihnachtsmuffel dieses Jahr ein erhöhtes Bedürfnis nach Deko, Filmen und Musik passend zur Jahreszeit.

Zum Glück gibt es einige Dinge, die man trotzdem tun kann, um den anderen Leuten nahe zu sein. Man kann Karten schicken oder Kekspäckchen, per Post wichteln oder sich coronakonform zu winterlichen Spaziergängen treffen, um die Beleuchtung der Nachbarschaft zu bewundern.

Was gibt es noch für Möglichkeiten, dieses Jahr die Weihnachtszeit bestmöglich zu gestalten?

Entscheidet euch doch mal!

Jahrelang heißt es, Menschen müssten ihre Gefühle zulassen. Vielleicht sogar offen zeigen. Das sei gesund und so. Für einen selbst und für die Gesellschaft.

Und jetzt haben wir den Coronasalat.

Stellt euch mal vor: Einige Leute, denen es – objektiv betrachtet – gar nicht so schlecht geht, WAGEN es, trotzdem Gefühle zu haben. Die Kinderbetreuung rund um die Uhr schlaucht, obwohl man einen Garten hat. Zwar arbeitet man nach wie vor in einem sicheren Job, jetzt aus dem Homeoffice, aber man vermisst den Kontakt zu seinen Eltern. Der Supermarkt hat noch alles, aber die Sicherheitsleute am Eingang bereiten einem Unbehagen.

Schon kommen aus ihren Löchern die Pamüsepampel, die uns erklären: Uns Deutschen geht es doch sowieso viel zu gut. Und den privilegierten Deutschen erst! Also denen mit Balkon oder Garten, Homeoffice und Familie. Die sollen mal wagen, in dieser Situation ein negatives Gefühl zu haben! Die meisten von denen haben doch sogar noch beide Beine! Undankbares Pack!

man wearing white dress shirt with black necktie

Photo by Craig Adderley on Pexels.com

Wisst ihr, was ich davon halte?

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Photo by Nicolas Postiglioni on Pexels.com

(Ich liebe diese Foto-Seiten. So praktisch!)

Aber darum geht es gar nicht.

Liebe Pamüsepampel, haltet doch bitte einfach die Fresse. Findet ihr, wir sind nicht dankbar genug? Oder zu verweichlicht? Dann geht doch bitte in die sibirische Einöde und leckt an einer Fichte.

Natürlich dürfen auch privilegierte Menschen Gefühle zur aktuellen Situation haben. Sogar negative, wenn es denn so ist. Niemand hat mit dieser Entwicklung gerechnet. Niemand konnte sich auf so eine Katastrophe vorbereiten. Folglich ist das für JEDEN unerwartet und schwierig zu bewältigen. Das ist kein Wettbewerb, wer es am schlimmsten hat (oder wer es am besten wegsteckt, wenn sich von heute auf morgen beinahe alles ändert). Es ist eine Herausforderung für die Gesellschaft, und die verträgt es durchaus, wenn auch „die Bessergestellten“ mal ein wenig jammern. Ich schwör, danach krempeln wir wieder die Ärmel hoch und fassen mit an, so gut wir eben können.

 

Die Macht der Gewohnheit

Gerade im Moment, wo sich so viele Dinge ändern, sind Gewohnheiten etwas Merkwürdiges. Ich meine, in meinem Alltag ändert sich gar nicht soviel – noch müssen wir ins Büro, in den Wald darf man auch noch und ich schreibe sowieso allein zuhause. Für mich fallen die Fitnessstudiotermine und ein bis zwei Treffen mit Freunden aus, aber es gibt so viele Dinge zu erledigen, dass mir das bis jetzt noch gar nicht auffällt. Vielleicht braucht mein Gehirn auch nur länger, um zu begreifen, wie ätzend gerade alles ist.

Andere Gewohnheiten vermisse ich schon – Leute zur Begrüßung zu umarmen, nach dem Sport fix noch eine Kleinigkeit essen gehen. Und manche Dinge mache ich noch, obwohl man sie wahrscheinlich im Moment unterlassen sollte, wie etwas Tee oder Kaffee für die Kolleginnen mitzukochen oder die Handcremetube zu teilen. Es fällt mir auch schwer, mir nichts ins Gesicht zu fassen – das ist da halt! Ich habe sogar leichtfertig Bananenbrot für die Kolleginnen gebacken. Sind Backwaren sicher? Wer weiß. Soweit ich weiß, sind wir alle gegenwärtig gesund (schnell auf Holz klopfen!) und das Bananenbrot war ja im Ofen.

Zum Glück gehen diese Zeiten auch vorbei. Und bis dahin denke ich mir auch ein paar andere Dinge aus, um euch ein wenig aufzumuntern und abzulenken. Katzenfotos gehen immer, habe ich gehört.

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„Keine Paparazzi!“