Buch- und altersübergreifende Beziehungen

Bei Kinderbüchern, habe ich gelernt, gibt es eine Faustregel: Das Alter der Hauptcharaktere sollte etwas höher sein als das der Zielgruppe – damit die Lesenden zu ihnen aufsehen können.

Jetzt, wo ich schon seit längerem an meinem Kinderbuch laboriere, bringt mich das in Schwierigkeiten. Ich weiß ungefähr, wie alt meine Protagonistin ist. Daraus ergib sich durch Subtraktion die Zielgruppe, wenigstens ungefähr. Aber in diesen Jahren entwickeln sich junge Menschen unglaublich schnell. Das, was meine Protagonistin sagt und tut, ist für das etwas jüngere Zielpublikum also eventuell gar nicht angemessen.

Dann denke ich an die Kinder-, Teenie-, Young-Adult- und New-Adult-Bücher, die ich in den letzten Jahren gelesen habe. Wenn es dort eine gefühlte Diskrepanz zwischen dem Alter und dem Verhalten gab, hat mich das gestört. Kinder und Jugendliche sind schließlich nicht einfach nur naivere Versionen von Erwachsenen, sondern komplette Menschen mit Ideen und Theorien und Erfahrungen und Beobachtungsgabe. Im echten Leben überraschen sie mich eher damit, wie klug sie sind und was für Rückschlüsse sie aus dem ziehen, was sie um sich herum beobachten.

Der eingangs genannten Faustregel zufolge bin ich aber ja gar nicht die Zielgruppe für diese Bücher (und das schon seit etlichen Jahren nicht mehr!). Wieviel zählt meine eigene Einschätzung also? Wie wahrscheinlich ist es, dass sowohl Zielgruppen-Mitglieder als auch erwachsene Lesende wie ich sich einem Charakter gleichermaßen verbunden fühlen können?

Ich persönlich mag es bei dieser Art von Büchern, wenn das Entdecken und Dazulernen noch einmal mit-erlebbar wird, wenn man daran erinnert wird, wie es ist, wenn man eben noch nicht (wenigstens gefühlt) alles gesehen hat. Jungen Charakteren verzeiht man auch eher, wenn sie nicht immer kaltschnäuzig und kalkulierend vorgehen, die Welt hat sie noch nicht abgehärtet.

Zugegeben, manchmal denke ich aus meiner Erwachsenenwarte auch: Meine Güte, was für eine vorwitzige Rotznase! Du gingest mir ja so sehr auf den Zeiger, wenn ich mit dir auskommen müsste! Gleichzeitig bin ich mir fast immer sicher, dass mein früheres, jüngeres Lese-Ich mit genau diesen Charakteren gerne befreundet gewesen wäre, und das versöhnt mich dann wieder ein bisschen.

Wie ist das bei euch? Lest ihr überhaupt noch Kinderbücher? Oder habt ihr alte Lieblinge, von denen ihr euch nicht trennen könnt? Überhaupt, haut ruhig mal ein paar Empfehlungen raus. ^^

Eine schmutzige Kindheit

Ein Blogprompt fragt, was meine früheste Kindheitserinnerung ist. So genau kann ich das gar nicht sagen, die sind alle ein wenig durcheinander. Aber ich weiß, dass ich eigentlich immer ein sehr schmutziges Kind war.

Denkt dran, das waren die Achtziger. Wenn wir nicht zufällig in Schule oder Kindergarten sein mussten, haben unsere Eltern uns einfach laufen lassen und darauf vertraut, dass wir Abends wohl wieder auftauchen, wenn wir hungrig sind. Wir lebten auf dem Land, hatten die meiste Zeit über viele Tiere und keinerlei Bewusstsein für die Gefahren, die „da draußen“ heutzutage lauern.

Wir sprangen in Abwassergräben und kletterten auf Bäume.

Wir prügelten uns mit den Nachbarskindern und veranstalteten Schatzsuchen.

Wir bauten verwunschene Hexenhütten im Gebüsch – und an einem denkwürdigen Tag versuchte meine jüngste Schwester, auf unserem Zwergziegenbock zu reiten.

Man sieht ja, was aus solchen Kindern wird. ^^

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Ein Buch, das mein Leben beeinflusst hat?

Schwierig. Viele Bücher haben einen bleibenden Eindruck hinterlassen – weil sie so gut waren, weil sie so schlecht waren oder weil ich dringend wissen wollte, wie die Autorin etwas Bestimmtes hinbekommen hat.

Das Buch, das mich zum genau richtigen (oder falschen, wie man’s nimmt) Zeitpunkt erwischte, war allerdings „Eine Braut fürs Jenseits“ von Kurt Luit – Horrorgeschichten für Erwachsene, die meine Eltern mir überließen, als ich noch zum Kindergarten ging. Ein fragwürdiges pädagogisches Konzept, ist mir klar. Aber schon damals las ich alles, was ich in die Finger bekam. Einige Geschichten fand ich gruselig. Andere verstand ich nicht – der Horror war zu erwachsen für mein Kinderhirn. Und nach dem ersten Buch, das ich geschenkt bekommen hatte („Die Kinderbibel“ von Ann de Vries) war es eine Offenbarung, denn: Bücher mussten nicht mit belehrendem Zeigefinger im Tonfall daherkommen. Die Guten wurden gar nicht immer belohnt. Und offenbar hatte Gott auch nicht immer und überall seine Finger drin.

In Kombination erklären diese beiden ersten Bücher wohl eine Menge über mein heutiges Schreiben. ^^