Kleider machen Leute, oder: Seid froh, dass ich angezogen bin

Die Tage spielte der Mann eines dieser typischen Jump/Run/Fight-Spiele auf der Konsole, und wie so oft saß ich daneben und wusste alles besser.

Es ging unter anderem darum, mit Hilfe von Robotern gegen andere Roboter zu kämpfen. Und die helfenden Roboter hatten als weiblich zu lesende Körper – inklusive hoher Absätze.

Wenn ich mir überlege, wie groß im Moment noch die Schwierigkeiten sind, auch nur vierbeinige Roboter im Gelände nicht umkippen zu lassen, halte ich das ja schon für etwas weit hergeholt.

Und überhaupt, welchen Sinn hat es, Kampfrobotern sexy Körper und Absätze zu geben? Wenn ich als Roboter ein Mitspracherecht hätte, dann hätte ich stattdessen doch lieber drei zusätzliche Maschinengewehre.

Wahrscheinlich wollten die Designer nur ein wenig spielen und die verschiedenen Roboter leichter voneinander unterscheidbar machen. Aber einen Augenblick mitdenken hätte nicht geschadet. Wer baut Roboter so, dass sie extra unsicher stehen? (Ja, ich halte mich an den Absätzen stärker auf als an der schmalen Taille und den Robobrüsten – in denen sind vielleicht Geschosse versteckt.)

Solche unlogischen Entscheidungen begegnen einem oft in Filmen und Büchern. Da tragen Amazonen keinerlei Rüstung, Waldläuferinnen lange Kleider (mit denen man sich garantiert nicht im Gebüsch verfängt – für euch getestet [/sarkasmus]) und Piraten unter der sengenden Sonne gehen gerne ohne Hemd. Ich verstehe durchaus den optischen Appeal solcher Entscheidung, aber als Erschaffer solcher Welten sollte man immer im Hinterkopf behalten – eure Figuren leben in diesen Welten! Die haben es unbequem, wenn ihr Mist baut. Oder schlimmer noch, sie fallen über ihre Absätze, bleiben mit dem Ballkleidsaum hängen und erwürgen sich, wenn sie von der Klippe fallen!

Vor kurzem haben wir mit einigen Autorinnen überlegt, dass wir mal ein eigenes Shooting für Coverfotos machen müssten, denn – genau solche dusseligen Klamottenentscheidungen findet man auch oft auf Stock Photos, wie viele Leute sie eben für ihre Cover verwenden (ist eine Preis- und Aufwandsfrage). Man findet eben keine vollständig und praktisch bekleidete Kriegerin mit Schwert. Stattdessen laufen zierliche Damen im Abendkleid, die noch nie eine einzige Schwiele an ihren weißen Fingern hatten, barfuß um Mitternacht ins Unterholz. Geiler Plan.

In Serien sehe ich das auch oft – vor allem Polizistinnen in US-Serien, die auf Absätzen Verdächtige verfolgen. (Ja, die Sache mit den Absätzen stört mich echt. Die sind unbequem. Und schlecht für die Füße. Ist mir völlig egal, wie hübsch die sind.) Wenn du weißt, dass du den ganzen Tag zu Fuß unterwegs bist, ziehst du DIE Schuhe an? Natürlich, die passen schließlich zum Spitzentop, unter dem man wirklich keinen sinnstiftenden BH anziehen kann.

Gut, mir ist ja meistens schon das Basis-Make-Up für einen gewöhnlichen Arbeitstag zuviel. Die Kolleg*innen können wirklich mehr als glücklich sein, dass ich angezogen komme. Und zur nächsten Feier, bei der auf der Einladung „festliche Abendgarderobe“ steht, ziehe ich mir einen Pyjama an und wälze mich in Glitzer. Aber sogar die Freundinnen, die viel auf ihr Aussehen geben, gehen nicht in hohen Schuhen spazieren oder radfahren. Die sind nämlich alle schlau.

(Bei Männern gibt es bestimmt ähnliche Mode-Dummheiten, die ich nur nicht kenne, weil ich so selten Männerkram trage. Helft mir aus!)

Neue Schuhe, neues Glück!

Zugegeben, ich gehe nicht gerne in Schuhläden. Aber als neulich dicht hintereinander alle drei Paar Stiefel in meinem Besitz ihren Geist aufgaben – das sieben Jahre alte Paar, bei dem ich bereits einmal die Sohlen ersetzt hatte, geht generell aus der Form, an den braunen ist der Reißverschluss gerissen und bei den schwarzen vom letzten Jahr ist das Metallstück aus der Sohle gebrochen – auf jeden Fall, da war mir klar: Du brauchst neue Stiefel. Solche, die ultrabequem sind. Und damenhaft. Und die du ohne Probleme ins Büro tragen kannst.

Wollt ihr sehen, was dabei herumgekommen ist?

 

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Tadaa!!!

Ignoriert am besten den schmutzigen Fußboden. Oder den Karton im Hintergrund. Oder die Tatsache, dass ich wirklich mal wieder meine Beine rasieren sollte. ^^ SCHAUT EUCH DIESE STIEFEL AN!!! Niemals im Leben werde ich meine Blasen mit soviel Stolz erwerben.

Teil des Spiels

Und hier ist ein Rock, den ich für’s Büro genäht habe. Ausreichend lang, schön konservativ geschnitten. Da muss wenigstens ein aufmunterndes Muster her, nicht wahr?

Hier das Muster noch einmal in Groß:

Genau den trage ich heute ins Büro, ganz schlicht mit einem schwarzen, hoch geschlossenen T-Shirt. Wir wollen es ja nicht übertreiben.

Mein geheimes Büro-Spiel

Tagsüber arbeite ich in einem eher konservativen Umfeld – nämlich in einer Golfstaaten-Botschaft. Mit ausschließlich muslimischen Klienten und etwa 85% muslimischen Kollegen. Das bedeutet natürlich, dass eine gewisse Kleiderordnung vorherrscht. Als ich eingestellt wurde, hieß das: Nicht schulterfrei, kein zu tiefer Ausschnitt, die Röcke nicht zu kurz und die Hosenbeine nicht zu schmal. Eigentlich wie in einer Bank. Kann ich mit leben. In Wahrheit steht mir dieser Stil sogar ziemlich gut.

Als vor zweieinhalb Jahren der Attaché wechselte, wurde diese Kleiderordnung auf einmal strikter. Es gab keine offizielle Anordnung, aber manchmal wurde man von der Chefsekretärin beiseite genommen, die dann in ganz verschämtem Ton so Dinge sagte wie: „Du, dem Chef gefällt dein Rock heute aber nicht. Der ist ein winziges bisschen zu kurz.“ Oder: „Kannst du morgen vielleicht etwas anziehen, was etwas längere Ärmel hat?“

Seitdem diese Unsitte sich eingebürgert hat, spiele ich heimlich ein Spiel: „Ärger den Chef, ohne die Kleiderordnung zu missachten.“ Die Rocklänge stimmt, aber der Stoff ist in einem wilden Blütenmuster gehalten. Das Kleid reicht bis zum Knöchel und ist nicht figurbetont, passt auch hervorragend zum Blazer, dafür erinnert es eher an Hippies als ans Büro. Oder das T-Shirt ist zwar hochgeschlossen, aber auf den Schulterblättern sind Katzenaugen.

Vielleicht ist das etwas kindisch, zugegeben. Aber mir persönlich macht das großen Spaß. Und solange er keine explizite Kleiderordnung vorlegt, breche ich ja auch keine Regeln. ^^