Gestern gab es eine kleine Premiere – ich hatte meine erste Lesung vor willigem Publikum! Also, damit meine ich, nicht vor den Katzen, die verstört in Kartons hocken und den Kopf schief legen: Warum tut sie das?
Die „Odd Fellows“ aus Koblenz hatten mich gebeten, bei ihnen in Neuwied erst eine Kurzgeschichte von mir vorzulesen, die in ihrer Anthologie veröffentlicht wurde, und dann aus meinen Büchern. Ich hab natürlich zugesagt, komplett ahnungslos, wie ich war, und hab mich dann auch nicht weiter vorbereitet, weil Arbeit und so.
Gestern nachmittag bin ich dann direkt nach der Arbeit überstürzt los, mit Kleingeld und Bücherkarton und Wasserflasche. Das einzige, was ich vergessen habe, ist natürlich die Kamera (tut mir leid!). Zum Glück war der Tag so hektisch, dass ich vorher gar keine Zeit hatte, nervös zu sein. Das kam dann auf der Autofahrt. Falls ihr gestern auf dem Weg zwischen Bonn und Neuwied also ein schmutziges Auto mit einer lauthals singenden Rothaarigen gesehen habt – das war ich.
Das Publikum war dann sehr nett, nicht zu groß, und glücklicherweise sehr interessiert. Auf Bitten las ich erst die Kurzgeschichte, über die wir dann kurz sprachen, und danach – auch angesichts der Zusammensetzung des Publikums – aus dem „Hirschkönig“. Bei der Gelegenheit stellte sich dann raus, dass ein Herr im Publikum sich brennend für Geschichte interessierte, und auch gerade für die Germanen hier am Rhein.
Fuck, dachte ich, der erzählt dir jetzt im Detail, was du alles falsch dargestellt hast.
Glücklicherweise scheine ich aber keine größeren Fehler gemacht zu haben – oder er war viel zu höflich, sie mir vorzuhalten.
Richtig gebauchpinselt fühlte ich mich dann, als eine Dame bat, ob ich nicht auch noch aus „Allerseelenkinder“ lesen wolle. Sie interessiere sich sonst nicht so sehr für Fantasy, aber eine fantastische Geschichte, die in der realen Welt spiele, das mache sie neugierig. Den Gefallen habe ich ihr dann also auch getan, und die Reaktionen waren durchweg positiv. Anschließend konnte ich einige Bücher signieren und mich noch angeregt unterhalten – über Schreiben, eReader, das Übersetzerhandwerk und südamerikanische Schriftsteller, für welche die Frau des Veranstalters eine Schwäche hat.
Leider musste ich gegen neun schon fort, um noch rechtzeitig Richard nach der Arbeitswoche am Bahnhof abzuholen, ich wäre gern noch länger geblieben. Als Dankeschön gab es dann noch zwei Flaschen Rheinwein, den ich zufällig vorher in meinem Buch schon gelobt hatte. Als erste richtige Lesung war es jedenfalls für mich eine großartige Erfahrung, und ich hoffe, dem Publikum hat es auch gefallen!
Dinge, die ich gestern gelernt habe:
- Irgendwas vergisst man immer.
- Wenn Leute dich zu einer Lesung einladen, sind sie tatsächlich interessiert. Hatte ich vorher so gar nicht überlegt. Ja, ich bin nicht immer die hellste.
- Beim Laut-Lesen merkt man tatsächlich, wo es im Text noch hakt. Sollte ich nächstes Mal beim Schreiben ausprobieren und nicht erst, wenn die Exemplare fertig vor mir liegen. (Ich weiß, den Ratschlag hört man andauernd, aber manche Fehler muss man offenbar wirklich selbst machen.)