Trends und Tricks und eine alte Lästerzunge

Glücklicherweise hat es sozusagen Tradition, sich über bestimmte Covertrends lustig zu machen. Schon seit Jahren geistern Witze über die „Shirtless Dudes“ auf gewissen historischen Romanen durch die Szene, und die „Bodice Ripper“ sind sogar nach dem für sie typischen Cover benannt.

Einerseits ist es ja praktisch, sich an gewissen Vorgaben zu orientieren – als Leser hat man direkt eine Idee, was man bekommt, und als Autorin findet man einfacher die Leute, denen das eigene Buch gefällt. Daher kommt offenbar der Trend mit den sehr hellen Krimi- und Thrillercovern, auf denen weiße und rote Elemente dominieren, und auch heitere Liebesromane mit allen möglichen Varianten an Nachtisch und Gebäck findet man nicht erst seit gestern in den Regalen. Bestimmte Romane, die sich vor allem an Leserinnen wenden, haben auf dem Cover die Frau von hinten, oft in historischem Gewand und mit eher sanften Farben im Hintergrund.

Über manche Trends kann ich mich allerdings nur wundern. Gehäuft begegnen einem beispielsweise Cover, auf denen ein Paar in inniger Umarmung zu sehen ist – nur der Hintern der Frau ragt wie ein Aussichtspunkt in die Landschaft, denn offenbar dürfen sich ihr Untenrum und sein Untenrum auf keinen Fall berühren. Wahrscheinlich bewahren die da den Heiligen Geist auf oder so – was weiß denn ich? Möglicherweise soll diese Pose besonders sexy wirken, ich denke nur an Rückenschmerzen. Oder umarmt man sich heute so? Mache ich das falsch? Meine Güte, ich habe keine Ahnung von der Erotik des 21. Jahrhunderts!!!

Ja, ich gebe es zu – ich bin eine alte Lästerzunge.

Sind euch lustige, merkwürdige oder geradezu absurde Covertrends aufgefallen? Und gibt es möglicherweise auch Trends, die euch gefallen?

(Ich mag Scherenschnitt-Cover, möglichst in Verbindung mit bunten Aquarell-Effekten, auch wenn die natürlich ebenfalls ziemlich totgeritten sind.)

Mehr Marketing-Kram

Ist sie nicht schön, die neue Internet-Welt? Ich habe euch ja schon vom kleinen Zaubermeister erzählt, den ich online gefunden habe. Und auch sonst ist es doch richtig toll, wie viele Leute man online erreichen kann!

Nur blöd, dass es so viele Plattformen gibt, die man abdecken muss. Twitter, Facebook, Instagram, TikTok – wo verstecken die potenziellen Leser sich heutzutage?

Klar, auf Facebook sind nur alte Leute. Hat man mir gesagt. Gerüchten zufolge lesen die aber auch. Die Twitter-Crowd soll sehr kurzlebig und gehässig sein, und für Instagram braucht man vor allem tolle Fotos. TikTok – dazu kann ich jetzt gar nichts sagen, ich war nur 60 Sekunden dort und war von den Geräuschen und dem Gewackel auf dem Bildschirm direkt überfordert. (Ja, ich bin eher ein Fall für Facebook. Man reiche mir meine Gehhilfe!)

Und die Leute, die einen schon gefunden haben, soll man natürlich auch noch unterhalten – im Blog (winkt) oder per Newsletter!

Und ich denke mir: Denk doch mal nach. Das allein ist ein Ganztagsjob. Wann soll man denn bitte schreiben, Marketing betreiben und vielleicht auch noch mal ein Käsebrot essen? Deswegen stümpere ich fröhlich vor mich hin. Habe keine polierten Auftritte für sämtliche Plattformen, optimiere nicht ständig Fotos und Texte und mich selbst, um noch leichter verdaulich und publikumsmagnetisch zu werden.

Schließlich kann man es mit der Werbung ja auch übertreiben.

Deutschland sucht den Superbuchtitel

Vielleicht auch „Deutschland sucht den Superblogpost“ – aber was soll’s, jetzt seid ihr hier.

Schon seit einiger Zeit gibt es im Romantik-Genre diesen Trend, Essbares und Romantisches miteinander zu mischen: „Pralinenküsse“, „Lebkuchenumarmungen“, „Leichtes Buttercremepetting“. Und so sehr ich diese Art von Assoziationstricks mag (kommt schon, ich habe das schon bei „Allerseelenkinder“ gemacht und die ganze Reihe über gut durchgehalten), finde ich es inzwischen ausgelutscht. Die Titel – meistens mit hellen oder rosalastigen Covern mit etwas Essbarem drauf – werden austauschbar.

Gut, vielleicht bin ich ein wenig voreingenommen. Aber bei Thrillern ist es doch ganz ähnlich. Meterweise weiße Cover mit schwarzen und blutroten Elementen (das ist übrigens gar kein echtes Blutrot!), darauf unheilschwangere Substantive: „Der Kindersammler“. „Zehennagelroulette“. „Die Mopsflechterin“.

Und dann sind da noch diese langen satzartigen Titel: „Als der Onkel Paul letzten Dienstag Lightzigaretten kaufen ging“ oder „Von dem Tag, an dem letztendlich fast gar nichts passierte“ oder „Wie kann ich Ihnen erklären, wie langweilig dieser Buchtitel ist?“

Es ist immer das Gleiche. Ein Titel ist ein Erfolg. Womöglich ein Überraschungserfolg … wobei diese Überraschungen meistens von langer Hand vorbereitet sind. Tut sich gar eine neue Nische auf? Die Leser sind begeistert, sie hätten gerne „mehr“. Was sie wahrscheinlich meinen: Mehr Aufregendes, Neues, Originelles, das sie weiter begeistert. Was sie wahrscheinlich kriegen: Weitere ganz ähnliche Titel, die schnell auf den Markt geworfen kommen, um diesen Trend fix totzureiten.

Das gilt nicht nur für Titel. Das erste Cover mit Aquarell-Effekten und Scherenschnittmotiv fand ich grandios, eben weil es etwas ganz Neues war. Inzwischen kann ich es nicht mehr sehen, denn diese Art Cover (und folglich auch Bücher) ist für mich beliebig und austauschbar geworden. Und ich überlege – gab es so etwas Ähnliches vor einigen Jahren nicht auch schon mit Pseudo-Graffiti?

Menschen sind von Natur aus Nachahmungstäter, und das ist auch gar nicht schlimm. Außerdem sollen Leute schnell erkennen, worum es geht. Wie bei der halb abgewandten Frau vor der Landschaft auf den Historienromanen. Aber ich finde, wir könnten uns schon ein wenig mehr Spaß und Spiel beim Kopieren erlauben. Etwa so:

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Augapfelragout

Oder doch lieber so?

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Photo by Francesco Ungaro on Pexels.com

Augapfelragout

Einmal Liebesroman, einmal Thriller. Oder etwa nicht?