Stil – vielleicht doch nur das Ende des Besens?

Beim Schreiben dreht sich angeblich alles um den Stil. Vor allem den eigenen. Viele schreibende Personen, die ich kenne, verweigern sich Schreibratgebern, Grammatikkursen, Testleserfeedback oder Lektorat mit dem Hinweis darauf, dass sie ihren eigenen Stil nicht kompromittieren wollen.

Schließlich kennen wir alle diese „Konsumgeschichten“, die lieblos nach dem gleichen Muster aufgebaut sind, um die niederen Instinkte gewisser Leserkreise zu befriedigen und mit billigen Tricks schnell das „große Geld“ abzugreifen. Keinesfalls wollen wir werden wie die!

Erst einmal eine gute Idee. Wir wollen wirklich nicht schreiben wie alle anderen, oder?

Aber der Sprung ist ein wenig zu kurz gedacht.

Ich bemühe einen meiner Lieblings-Autoren, Neil Gaiman, der sinngemäß sagte: „Stil ist das, was du nicht sein lassen kannst“ – also das, was dein Schreiben ausmacht, auch wenn du die Erzählstimme oder das Medium wechselst, oder wenn du dich darüber informierst, wie du das Erzähltempo optimieren und Geschichten für Leser sprachlich ansprechender gestalten kannst.

Deinen Stil kann man dir gar nicht austreiben. Er wird allerdings sichtbarer und glänzt mehr, wenn du die ganzen vermeidbaren Dinge, die dein Schreiben ausbremsen, ablegst. Schließlich hat man auch den eigenen Fahrstil, selbst nach einem Dutzend (oder hundert) Stunden in der Fahrschule. Stil ist Teil der Persönlichkeit, und genau wie die eigene Persönlichkeit kann man ihn polieren, aber leider nicht abgeben, wenn er gerade im Weg ist.

Leute und Bäume

Ein sehr weiser Rat, den ich vor Jahren mal gelesen habe – und ich weiß nicht mehr, wo das war – besagt, man solle sich darin üben, Leute in Bäume zu verwandeln.

Verschiedene kahle Bäume stehen in einem winterlichen Wald, durch den ein Forstweg führt.
Foto von Simon Berger, gefunden auf Unsplash.

Gemeint war, man solle all die verschiedenen Leute, denen man begegnet, genau so akzeptieren, wie man all die verschiedenen Bäume akzeptiert, wenn man in den Wald geht – unabhängig davon, ob sie krumm oder knubbelig oder kahl sind.

Und ich finde, das ist ein schöner Rat.

Wobei ich mir in meinen finsteren, rachsüchtigen Momenten dann manchmal doch vorstelle, Leute in Bäume zu verwandeln, indem ich sie in Dünger verwandle. Aber ich schwöre, das tue ich nur in meiner Fantasie, für die Psychohygiene.

Und in dem Sinne – ihr seid wunderschöne Bäume, alle miteinander!

Gute Vorsätze? Pustekuchen! Hmm, Kuchen …

Vor einem strahlend blauen Himmel fliegen einer Pusteblume alle Samen davon.
Foto von Huzeyfe Turan, gefunden auf Unsplash

Oder vielleicht eher PusteBLUME?

Gute Vorsätze sind ja so ein fieses Ding. Wir wissen mehr oder weniger genau, was man alles tun könnte, um ein gesünderes, produktiveres, besseres, erfolgreicheres, … Leben zu führen. Problem: Dafür braucht man Zeit. Und jeder, der dir sagt: „Ach komm, die 20 Minuten für Sport hast du doch locker!“, der lügt. Denn natürlich muss man sich umziehen (und seine Sachen überhaupt zusammensuchen), hingehen/-fahren (oder alternativ die Yogamatte finden und ausbreiten, Katzen verscheuchen, den Tisch verschieben, …), anschließend ggf. duschen und wieder umziehen, alles zurückräumen – jetzt mal Buddha bei die Fische, allein dafür sind 20 Minuten weg, und geschwitzt hat man aus den völlig falschen Gründen.

Zum Glück habe ich die Lösung. Kommt und erquicket!

Denn: Anstatt im neuen Jahr Dinge zu planen, die noch zusätzlich in den vollgepfropften Alltag integriert werden „müssen“, um den zu „verbessern“ … lassen wir dieses Jahr einfach Dinge weg.

Wäre das hier ein Selbsthilfebuch, wäre ich jetzt reich. ^^

  • Stundenlang auf Reddit o.ä. hängen? Weg.
  • Auf den Regalen Staub wischen, obwohl kein Besuch kommt? Weg.
  • Sinnloses An-der-Glotze-Hängen? Weg.
  • Leute treffen, mit denen man sich irgendwann mal aus obskuren Gründen angefreundet hat? Weg.
  • Handtücher bügeln*? Weg.

Das sind natürlich nur völlig zufällig aus dem Leben gegriffene Beispiele und keinesfalls Hinweise darauf, womit ich Zeit verschwende (oder wo es demnächst in der Wohnung noch wilder drunter und drüber geht als eh schon). Garantiert habt ihr sowas auch. Und anstatt euch den Januar mit guten Absichten zu überfrachten, betrachtet euren Zeitplan doch lieber minimalistisch und schmeißt alles raus, was man nicht wirklich braucht und was einem keine Freude macht.

*Ich habe nie, nie, niemals nie nicht in meinem Leben ein Handtuch gebügelt, und ich fange garantiert nicht mehr damit an.

„Tu deinem Leib des öfteren etwas Gutes, …

… damit deine Seele Lust hat, darin zu wohnen.“ (Teresa von Avila, 16. Jahrhundert)

Etwas Gutes? Damit können doch eigentlich nur Leckereien gemeint sein, oder? Und ein wenig Entspannung auf dem Sofa? Habe ich dieses Wochenende ausgiebig ausprobiert – aber so ganz zufrieden bin ich mit dem Ergebnis nicht.

Ich bin vollgefuttert. Und unausgeschlafen, weil mein Gehirn heute morgen schon um drei knallwach war. Und mein Rücken tut weh – wir brauchen ein neues Sofa, das ist mal sicher. Und von dem ganzen Fett und Zucker in der guten Torte ist meine Haut in die Pubertät zurückkatapultiert worden.

Tja, so hat die liebe Teresa das wohl nicht gemeint. Wenn ich meine Seele gerade fragen würde, ob sie gern in meinem Körper wohnt, käme als Antwort wohl: „Also, Malle wär geiler.“

Ich denke mir, mit dem „Guten“ war nicht unbedingt die gnadenlose Faulenzerei/Völlerei gemeint. Aber auch nicht das andere Extrem, in das viele Leute heutzutage fallen: Gesundheitsoptimierung/Fitnesswahn. Die „gute“ Wahrheit muss irgendwo in der Mitte liegen. Ich weiß beispielsweise: Wenn ich zu viele Kohlenhydrate esse, steigt mein Migränerisiko. Zu wenige Kohlenhydrate verursachen hingegen den berüchtigten „brain fog“, weil das Gehirn fast ausschließlich mit Kohlenhydraten funktioniert (das ist alles etwas komplizierter, aber für den Hausgebrauch soll es reichen). Sitze ich den ganzen Tag am Rechner, kriege ich Rückenprobleme. Treibe ich zuviel Sport, bleibt nicht genügend Zeit zum Schreiben und ich werde unausstehlich – allerdings bin ich dann Abends schön erschöpft und schlafe gut durch.

Diesen Monat bin ich schriftstellerisch noch einmal komplett eingespannt – ein Manuskript wartet noch auf die Überarbeitung, ehe ich Anfang November von Helena und Falk Abschied nehme und mich in einem weniger halsbrecherischen Tempo neuen Welten zuwende. Danach werde ich mir ein wenig Zeit nehmen, meinen Alltag umzustrukturieren. Es muss doch einen Weg geben, das „Gute“ mit dem, was man tun muss, in einer angenehmen Weise zu kombinieren.

Sobald ich den Stein der Weisen gefunden habe, lasse ich euch natürlich daran teilhaben. ^^